Seit 1999 schreibt Hans-Martin Gäng das Tagebuch über die Heidelberger Wanderfalken. In über 5000 Einträgen können Sie nachlesen, was seit 1999 alles passiert ist. Dort finden Sie auch viele Informationen zur Biologie des Wanderfalken und zum Verlauf der Brut und Aufzucht des Nachwuchses.
Seit 1999 schreibt Hans-Martin Gäng das Tagebuch über die Heidelberger Wanderfalken. In über 5000 Einträgen können Sie nachlesen, was seit 1999 alles passiert ist. Dort finden Sie auch viele Informationen zur Biologie des Wanderfalken und zum Verlauf der Brut und Aufzucht des Nachwuchses.
Ein Jungfalke FORTUNA ist am 31. Mai, 18.45 Uhr, gestartet und gelandet!
Um 19 Uhr kann ich über die Cams nur 1-2-3 zählen und freue mich über die Nachricht im Gästebuch! Der Falke steht auf einem Hausdach, prima!
Von einem Extrem ins andere
Ich war heute am Nachmittag mal wieder in der Altstadt, ging über den nahezu – von der Gastronomie – voll bestuhlten Marktplatz, staunte über die große Zahl der Touristen, so dass ich kaum einen Blick nach oben werfen konnte. Wenn ich es richtig an einer Apotheke ablesen konnte, war es im Schatten dort unten 28° C. Dann ist es oben unter dem dunklen Schieferdach im Falkenzimmer, im Nistkasten, furchtbar heiß! Kein Wunder, dass das Quartett schon am Vormittag platt am Boden lag und nun in der Luft außen steht. (Ich erinnere mich, dass ich dort oben oft jämmerlich gefroren habe.)
Danke, M.H.!
„Irokesenflaum“
Darf ich das noch schreiben, oder ist das eine zu tadelnde kulturelle Anmaßung?
Die Scheitelfront auf dem Schädel ist eine Stelle im Gefieder, welche die Jungfalken mit ihren Klauen kaum erreichen können. Es ist wohl an ihrem Federkleid die einzige Stelle, die sie nicht mit Klaue und Schnabel pflegen können. Für uns Beobachter/innen ist der Verlust dieses allerletzten Federflaums – „Gone with the Wind“, wir erinnern Buch und Film – ein Zeichen: DU BIST NUN EIN FALKE!
Nun fliege aber auch wie ein Falke davon!
High noon am 29. Mai
LISELOTTE, links , mit Nachwuchs
Danke, A.L.!
Wer wird heute starten?
Nach ihrem Aussehen, Größe und Benehmen erwarten wir nun, dass der Abflug bevorsteht.
Danke, K.!
SO geht das!
Danke, A.L.!
Der Flug des Wanderfalken
ist spektakulär und unfassbar virtuos, – aber nicht der erste Flug! Bereits der erste Start geschieht überraschend – schwups! – und wenn wir nachzählen, fehlt ein Jungfalke. Der Erstflug ist ein mühsames Flattern und endet hier in Heidelberg oft nach 20 Metern auf dem Kirchendach oder auf einem Dach in der Nachbarschaft. Leider landen auch manche auf dem Boden, was ein hohes Risiko bedeutet: Schnell fahrende Autos oder rasende Radler (häufig in Heidelberg), Schutznetze und Stacheln zur Taubenabwehr, aggressive Hunde, der nahe Neckar …
Jedes Jahr erhalte ich Anrufe: “ Gegenüber auf dem First des Hausdachs steht einer IHRER Falken und schreit jämmerlich seit 10 Stunden! Helfen Sie ihm! Er bettelt, aber seine Eltern fliegen nur um den Turm.“ Ja, aber wie? Womit? Meine angebotene Wette, dass der Dachfalke, – oft inzwischen in der Regenrinne stehend, am folgenden Morgen verschwunden sei, hätte ich immer gewonnen. Meine Erklärung, dass ich die Eltern des Falken nicht bitten könne, ihr Kind endlich zu füttern und dass der ausgeflogene Falke auf diese Weise zum Zweitstart angeregt würde, wird dann zögerlich akzeptiert. (Ich war ja 47 Jahre erfolgreicher Lehrer.)
Fast jedes Jahr wird mir berichtet, dass ein erststartender Jungfalke, – den freundliche und mutige Menschen auf dem Boden bergen oder bewachen, bis er wieder auf Flughöhe gesetzt wird, – von einer Gruppe von Rabenkrähen (Corvus corone), die in und über der Altstadt leben, sofort angegriffen und zu Boden gedrückt worden wäre.
Erstaunt bin ich dann, dass bereits wenige Tage nach dem Ausfliegen sich das Blatt gewendet hat: Jungfalken fliegen dann bereits hervorragend, ja, verfolgen dann schon spielerisch andere Vögel, auch Krähen, in der Luft. Manche Jungfalken kommen auch zwei Tage später, souverän landend, zum Nistkasten zurück, da gab es doch immer etwas zu knabbern…
Soll ich oder doch noch nicht?
Danke, M.H.!
Ermunterung zum Erstflug
Nun gibt es interessante Szenen zu beobachten, – leider können uns das unsere drei Webcams nicht zeigen. (Es geht halt nichts über die Originalanschauung mit allen unseren Sinnen vor Ort!)
Selbstverständlich wird das Quartett – bis zum letzten Starter – noch mit Nahrung versorgt, aber das Leben im Schlaraffenland ist nun vorbei! Der Hunger wird die Jungfalken nun einzeln zum Ausfliegen bringen. Meist starten zuerst die Terzel. Ich erinnere mich an typische Szenen, die man vom Marktplatz aus – erfreulicherweise gibt es dort gastronomische Angebote aller Art mit vielen Sitzplätzen im Freien – lässig mit einem Drink oder Eisbecher zurückgelehnt, beobachten kann:
Ein plötzliches Gekreische lenkt unseren Blick nach oben. Wir sehen LISELOTTE oder ZEPHYR ankommen, mit oder ohne Beute. Nun aber nicht mehr direkt in den Nistkasten hinein fliegend! In gemächlichem Schleichflug, mal engere Kreise, mal größere Kreise ziehend, kurvt der Altfalke um den Turm! O je! Nun streicht er gemütlich Richtung Osten, ggf. mit der Beute in den Fängen, ab!
DAS nennt man, auch für uns Menschen verständlich, ein deutliches Signal: Verfolge mich! Hole Dir Deine Nahrung! Die Jungfalken sind, auch nach dem Ausfliegen, noch einige Wochen nicht fähig selbst Beute zu schlagen, werden aber so entwöhnt.
Danke, D.B.!
Bald werden auch wir fliegen …
Danke, K.!
Am Vormittag sehen wir jede Kleinigkeit, am Nachmittag schauen wir in ein trübes Grau
Viele neue Besucher/-innen ärgern sich an sonnigen Tagen zwischen 16 Uhr und 18 Uhr, weil die – jetzt besonders wichtige – Sterbeglöckchen-Cam 3, vom Kirchendach auf den Nistkasteneingang gerichtet, nur schlechte und graue Bilder zeigt!
Das ist schnell erklärt, ich zitiere aus meinem Tagebuch der Vorjahre:
“Vier Jungfalken “gieren” gleichzeitig und recken die Köpfe. Sie haben frühzeitig Mutter oder Vater im Anflug mit Beute in den Fängen entdeckt! Der Altfalke kommt – fast immer – in einer großen Kurve einschwenkend über das Palais Boisseré und Rathausdach direkt auf den Nistkasten zugeflogen! Am späten Nachmittag steht dann die Sonne direkt hinter dem Heiliggeistkirchturm!
Der in beträchtlichem Tempo herbei rauschende Falke fliegt also die letzten 50 m direkt auf die Sonne zu! Er fliegt aus dem hellen Sonnenlicht auf den letzten 20 Metern zur Anflugstange direkt in den schwarzen Schlagschatten des Turms. Was bedeutet das für seine Augen und sein Gehirn? (Jede(r) unserer Besucher/-innen kennt diese Situation als Autofahrer/in, wenn wir auf der Autobahn in die tief stehende grelle Sonne blicken und plötzlich in ein dunkles Tunnel einfahren!)
Die Webcam 3, befindet sich etwa in gleicher Position wie der anfliegende Falke – 6 m tiefer auf dem Sterbeglöckchenturm des Kirchendachs – und ist auf den Nistkasteneingang gerichtet! Wenn am Vormittag die Sonne auf dem Nistkasteneingang liegt: herrlich!
Am Nachmittag, wenn die Sonne hinter dem Kirchturm steht, versagt die teure Optik! Gleichzeitig direkt in Richtung grelles Sonnenlicht und in den schwarzen Schatten filmen, das kann die moderne und teure Kamera nicht,! Auch unsere Menschenaugen versagen bei dieser Aufgabe: Auch wir brauchen einige Zeit um unseren Blick vom hellen sonnigen Himmel zum Blick in das schwarze Gully-Loch anzupassen, in das wir gerade unseren Autoschlüssel fallen ließen…
Kein Problem für die Falken! Deren Augen können offensichtlich blitzschnell umschalten! Grell hell, nun dunkel! Absolut sicher bremst der Falke in Sekundenbruchteilen seinen Flug ab, findet die Lücke über den vier kreischenden und flatternden Jungfalken, die den Eingang blockieren, und “plumpst” mit der Beute in den Fängen in den Nistkasten.
Das sind AUGENBLICKE, die mich sprachlos machen: Was müssen die Falkenaugen, das kleine Vogelgehirn, die Nerven, die Muskeln, die Fänge in Sekundenbruchteilen verarbeiten! Und statt sich der Falke – „Eine Sekunde, bitte! „– etwas entspannen könnte, fallen die Jungfalken ihn sofort geradezu an: HUNGER!!”
„Nun benehmt Euch doch mal gesittet!“
möchte man zur Zeit den Jungfalken zurufen, wenn ZEPHYR oder LISELOTTE mit Beute einfliegen.Wir haben seit etwa einer Woche miterlebt, wie die Zahl und Masse der übergebenen Beutevögel abnimmt und die Wartezeiten oft lange werden. Obwohl das Quartett nun einen hohen Bedarf an Nahrung hat.
So kommt es zur notwendigen (!) Aggressivität unter den Geschwistern und auch gegenüber den Eltern, LISELOTTE kann sich bei dieser Mahlzeit buchstäblich nur durch Flucht ins Freie retten.
Die jungen Falken haben bisher nichts anderes erlebt, als dass regelmäßig Nahrung geliefert wurde. Schlafen und Wachsen war das Tagesprogramm. Nun ist für sie eine neue Welt entstanden, seit sie vom Eingang des Nistkastens und von der Anflugstange eine Fernsicht bilden.
Inzwischen sind die Jungfalken groß und schwer geworden. Durch das noch „flaumige“ Untergefieder sehen sie für uns sogar größer als die Altfalken aus. Auch im Gewicht (Terzel etwa 800 g, Weibchen etwa 1 000 g) sind sie ihren Eltern nun sehr ähnlich. Aber beim Nachwuchs ist da noch viel „Babyspeck“ und wenig voll entwickelte Muskulatur in der Körpermasse, die jetzt bei den fast flüggen Jungfalken nötig ist.
Der Hunger wird die jungen Falken zum Absprung treiben! Sie wollen den in der Nähe fliegenden Eltern, die oft demonstrativ mit Beute in den Fängen am Turm vorbei (!) fliegen, als erste die Beute entreissen.
Passend zu den z.Zt. hohen Temperaturen: Die Jungfalken haben bisher noch nie etwas getrunken! Sie nehmen noch alle wichtigen Stoffe aus der Nahrung zu sich.
Es wird dann noch einige Zeit dauern, bis sie Wasserstellen anfliegen und täglich ausgiebig baden werden.
FORTUNA
Dass der zuerst ausgeflogene Jungfalke seit Mittwochabend keinen Zweitstart unternimmt, macht auch mir etwas Sorgen. Der Schock, dass der Erstflug nach wenigen Sekunden endet und der erste Flug keineswegs so mühelos-endlos – wie von der Anflugstange seit langen Tagen betrachtet – möglich ist, wurde von fast allen Startern hier, aber auch in freier Natur, erlebt und bewältigt.
Aus meinen ersten Dekaden der Beobachtung von startenden Wanderfalken an einem ehemaligen Steinbruch erinnere ich, dass diese „Bruchpiloten“ mühsam zu Fuß in die Felswand durch Gebüsch und Geröll in die Höhe zurück kletterten, um aus der Höhe den Zweitstart anzugehen. Oder sie waren in einer Fichte gelandet, flatterten kletternd auch dort möglichst weit nach oben und verharrten dort noch oft einen weiterenTag.
Hier an der Heiliggeistkirche, endete häufig der Erstflug nach 20 m auf dem Kirchendach. Auch dort rutschten die Jungfalken, mit ihren Krallen vergeblich Halt suchend, das Dach hinab bis zum Schneefanggitter oder gar in die Dachrinne. Meist gelang es ihnen, nach mehreren Versuchen, die Dachschräge hinauf zum waagrechten Draht des Blitzableiters auf dem Dachfirst hoch zu flattern. Das unangenehme Geräusch ihrer Klauen, wenn sie erneut die Schräge hinab glitten, habe ich noch im Ohr. (Wie die langen Fingernägel meiner Schülerinnen auf der Wandtafel!) „Flieg` doch! Heb` doch ab!“, ruft man dann. Nein, erneut balancierten sie auf dem Blitzableiterdraht des Dachfirsts entlang mit sehnsüchtigem Blick hoch zum Nistkasten, wo doch immer Nahrung geliefert wurde.
Wenn ich mich richtig erinnere, waren diese Dachfalken aber nach einer Nacht am Folgetag entflogen …
“ Erkennen sich die ausgeflogenen Jungfalken?“
werde ich gefragt. Nun ist zunächst jeder Jungfalke in einer völlig neuen und unbekannten Umgebung: Auf dem Kirchendach? In der Regenrinne eines Hauses in der nahen Umgebung? In einem Hinterhof gelandet, und von hohen Hauswänden umgeben? Oder bereits in der sicheren Höhe der Kirchtürme? Das gab es in den Vorjahren.
Nach der ersten Landung bleiben die Jungfalken oft lange am gleichen Ort und hoffen, dass sie dort – wie gewohnt – von den Eltern versorgt werden. Es wurde in Heidelbergs Altstadt noch nie beobachtet, dass ein Jungfalke an seinem ersten Landeplatz von den Eltern geatzt wurde. Die ausgeflogenen Jungfalken landen dann bereits nach dem zweiten oder dritten Flug auf dem Umlaufbalkon der nahen JESUITENKIRCHE, oder deren Dach oder Eingangsfassade, in beträchtlicher Höhe!
Das ist der traditionelle Treffpunkt für etwa zwei Wochen. Ebenso die Turmspitze der Heiliggeistkirche.
Also: JA, die jungen Falken erkennen ihre Eltern am Flug und erkennen sich auch gegenseitig. Aber das aggressive Verhalten gegenüber den Eltern und Geschwistern, das wir in diesem Jahr im Nistkasten selten sahen, wird nun zunehmen.
Mit dem Blick auf die Türme der beiden Kirchen können die Altstadtbewohner hoffentlich bald wieder zählen: 1-2-3-4 – Altfalke? Da die ausgeflogenen Falken noch für lange Tage vollständig abhängig von ihren Eltern sind, kann man nun auch viel Geschrei hören. Man nennt dies Zeit Bettelflugphase. Nach dem zweiten, dritten Start landen die Jungfalken recht sicher. Wir staunen auch, dass sie nach zwei, drei Tagen bereits wunderbar fliegen: Schnell und zielstrebig, gerne in großen und auch mal engen Kreisen die Thermik nutzend, gerne auf die Geschwister oder andere Vögel herabstoßend, selbst fliegende Blätter von Bäumen oder größere Insekten versuchen sie zu haschen. Selbstverständlich noch mit wenig Erfolg, aber rasend schnell lernend.
Ja, schade, dass das alles nur selten zu beobachten ist.
Der dritte Jungfalke MIREILLE ist um 16.42 Uhr gestartet
Herzlichen Dank für die Meldungen!
41 Tage ff., das passt zu unseren Tabellen
Für die beiden Erststarter FORTUNA & STEFAN sind 41 Tage vergangen, seit sie aus dem Ei schlüpften. Wir „rechnen“ mit unserer Erfahrung im Schnitt mit 43 Tagen, plus oder minus zwei bis drei Tagen, Nestlingszeit. So sind wir optimistisch, dass auch die beiden Geschwister – hoffentlich! – in den nächsten beiden Tagen flügge werden.
Erinnern wir uns an das Aussehen vor 41 Tagen? Damals so und heute so!
Ein guter Tagesbeginn!
Köstlich, teilnehmen zu dürfen, wie ein mutiger STEFAN sich tapfer in die Luft wirft! Es sieht im Video so aus, als wären den Geschwistern MIREILLE & ICARUS geradezu etwas verlegen. Aber sie werden bald folgen!
Danke, T., D.B. und A.L.!
https://c.web.de/@309597729745535461/W79NcxaQSOCvhQpvNECg9w
Ein zweiter Jungfalke STEFAN ist am 1. Juni um 5.40 Uhr ausgeflogen.
Herzlichen Dank an die Frühaufsteher/innen, die als „Lerchen“„ uns „Nachtigallen“ (s. W.Sh. „R & J“) informieren!