Gängs Tagebuch
Gängs Tagebuch2021-10-04T08:44:30+02:00

Seit 1999 schreibt Hans-Martin Gäng das Tagebuch über die Heidelberger Wanderfalken. In über 5000 Einträgen können Sie nachlesen, was seit 1999 alles passiert ist. Dort finden Sie auch viele Informationen zur Biologie des Wanderfalken und zum Verlauf der Brut und Aufzucht des Nachwuchses.

Seit 1999 schreibt Hans-Martin Gäng das Tagebuch über die Heidelberger Wanderfalken. In über 5000 Einträgen können Sie nachlesen, was seit 1999 alles passiert ist. Dort finden Sie auch viele Informationen zur Biologie des Wanderfalken und zum Verlauf der Brut und Aufzucht des Nachwuchses.

5.Apr., 2020

Wer entdeckt den ersten „Pick“?

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Heute, am 32. Tag der 2020-er Brut steigt die Spannung, nicht wahr?

Ja, in Frankreich ist gestern das erste Küken in einem Nistkasten geschlüpft! Dann werden wir auch hier bald etwas Weißes unter PALATINA entdecken …

Vor dem Schlupf durchbricht der Schnabel des Kükens die Membran zur Luftkammer  und das Küken kann dann erstmals atmen! Ein wichtiger Zeitpunkt! Wird er verpasst, stirbt das Küken im Ei. (Wie wird so etwas gesteuert? Es gibt so Vieles, was wir Laien nicht wissen.) Wenn dann der kleine Sauerstoffvorrat dort zu Ende geht, bewegt das Küken die Nacken- und Beinmuskeln. So durchlöchert der “Eizahn” auf dem Oberschnabel des Kükens die Eischale von innen. Das ist selbstverständlich kein Zahn in unserem Sinn, sondern eine  winzige Spitze, die sich rasch beim Wachstum des Schnäbelchen zurück bildet. (Achten wir in den nachfolgenden Tagen darauf!) Nach einigen Atemzügen frischer Heidelberger Luft – in diesem Jahr besonders sauber! – und einer Erholungsphase, die einige Stunden dauern kann, stemmt das Küken erneut mit seinen Nacken- und Beinmuskeln gegen die nun bereits geöffnete Eischale. Der Pick öffnet sich so zu einem Riss und das spitze Eischalenende wird durch ein Aufbäumen weggedrückt! Ohne Eischale liegt nun das Küken im Sand! Wahrscheinlich  erkennen wir in den nächsten Tagen an einem braun-weißen Eischalenrest, der neben PALATINA sichtbar ist, dass ein erstes Küken geschlüpft ist.

PALATINA unterstützt keineswegs diese “Flucht aus dem Ei”, beantwortet jedoch das leise Piepsen mit aufmunternden “Ack-Zick”-Lauten. Das feuchte, rosige und völlig erschöpft liegende Etwas wird unter der wärmenden Mutter sehr schnell getrocknet und sieht bereits nach wenigen Minuten als schneeweißes wolliges Kleinkind – na, ja! – irgendwie “süß” aus, das “Kindchenschema” der Verhaltensforscher I. Eibl-Eibesfeld & K.Lorenz lässt grüßen!

(Bei YouTube sind Clips von Hundewelpen und Katzenbabys die häufigsten Videos! Spitzenreiter ist das Video eines Pandabärenkindes, das niesend sein Mutter erschreckt: 160 Millionen Aufrufe!)

2.Apr., 2020

Aus dem Lehrbuch „Wie brüte ich als Wanderfalkenterzel?“

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Danke, K., für diesen Clip, der uns eine typische Szene eines brütenden Wanderfalken zeigt! (Ich selbst erinnere mich dabei an schöne Überwachungsstunden in einem stillgelegten Steinbruch in den späten 1960-er Jahren, als ich durch ein Spektiv mit starker Vergrößerung in den Horst in ca. 8o m Entfernung spähte: Was macht der Falke da? Auf wie vielen Eiern brütet er wohl?)

Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich einmal – wild lebende! – Wanderfalken aus solcher Nähe beobachten kann! Die Szene hier macht uns, in diesen schwierigen und traurigen Zeiten, gute Laune, nicht wahr?

PS. Wenn ZEPHYR plötzlich in die Höhe schaut, so verfolgt er eine Fliege im Nistkasten.

 

1.Apr., 2020

Seltener Anblick

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In den letzten Nächten gab es leichte Minusgrade in Heidelberg, jetzt um 15.42 Uhr ist die Temperatur wieder zweistellig und das dunkle Schieferdach über dem Nistkasten erwärmt sich schnell. Der kalte Ostwind, der seit einigen Tagen direkt in den Nistkasten blies, hat sich gelegt. Kein Wunder, dass das Gelege einige Zeit unbedeckt bleiben kann.

1.Apr., 2020

Wir warten auf den Schlupf

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In der kommenden Woche  können wir den Schlupf erwarten, denn die Brutzeit in diesem Nistkasten lag bisher zwischen 34 und 39 Tagen. Mit Fellbach war Heidelberg einer der ersten – von Kameras überwachten –  Wanderfalken-Nistkästen Europas mit einer Eiablage, entsprechend werden unsere Küken wohl auch bei den ersten ein, die in diesem Jahr schlüpfen werden!

Der Nachwuchs in den Eiern ist – heute am 28. Tag – inzwischen fast ausgereift und nahezu vollständig entwickelt! Bereits um den 21. Tag der Brutzeit drehte sich der Embryo in die richtige Position, um die Eischale demnächst zu sprengen. Etwa um den 26. Tag der Brutzeit,  so lese ich in den Büchern, drehte der Embryo den Kopf nach rechts unten unter den rechten Flügelstummel, so dass der Schnabel in Richtung der Luftkammer zeigt. Der Schnabel drückt bereits gegen die Membran, die den Embryo noch von der Luftkammer trennt. So bewegt sich der Embryo, – oder soll ich ihn schon Küken nennen? – , allmählich in die Schlupfposition:  Der große Kopf wird am stumpfen Ende des Eies liegen und die Beine strecken sich in Richtung spitzes Ende. Läge der Kopf im spitzen Ende des Eies, könnte der “Eizahn” auf dem Oberschnabel die Schale nicht am “Äquator”  öffnen. In den letzten Tagen vor dem Schlupf  ruht das Küken und sammelt gewissermaßen seine Kräfte im Nackenmuskel, der die Schalenhälften beim Schlupf auseinander drücken muss. Seine Nahrung, die ihm im Dottersack mitgegeben wurde, hat der Embryo bereits nahezu aufgebraucht, der Kalk für seine zarten Knöchelchen kam aus der Eischale, die nun allmählich dünner geworden ist. (Wir Ältere erinnern uns schaudernd an die 196o-er/1970-er Jahre, als Pestizide in der Nahrungskette der Greifvögel deren Eischalen so dünn werden ließ, dass diese unter dem Gewicht der brütenden Eltern zerbrachen.)

1.Apr., 2020

Wanderfalke am Uhuhorst (Ahrtal) war nicht VINCENZO

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Dr.F.R. Freiburg, Vorstandsmitglied der AG Wanderfalkenschutz, Baden Württemberg, hat das vorliegende Bildmaterial gemeinsam  mit der Vogelwarte Radolfzell überprüft und schreibt mir: “ … zumindest das erste (untere) liegende „K“ ist eindeutig erkennbar. Die Bestimmung des zweiten liegende Buchstaben erfolgt nachdem Ausschlussverfahren: Von den im Jahr 2019 verwendeten Ringen mit R°K stimmt lediglich R°KF mit dem erkennbaren Anteil des dritten Buchstaben
auf den Bildern überein. Darüber hinaus konnte die Identität des beobachteten Individuums anhand eines Fotos, auf dem die Zahlenkombination auf dem goldenen Vogelwartenring ablesbar ist, eindeutig geklärt werden.
Insofern kann ich natürlich nicht sagen, wie es Vincenzo derzeit ergehen mag, sicher aber ist, dass er nicht im Ahrtal auf der Uhu-WebCam auftauchte…“

Das lesen wir gerne und hoffen mit F.R., dass VINCENZO sicher weiterhin seines Lebens erfreut!

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Wanderfalkenfeder auf des Kaiser Grab

Am 4. Mai 2010 besuchten wir Palermo während einer Sizilienreise  und selbstverständlich besuchten wir im Dom die  Gräber der Normannenkönige und des Stauferkaiser Friedrich II., dessen Falkenbuch „Von der Kunst mit Vögeln zu jagen“ auf der Empore der Heiliggeistkirche lag. Ich habe vor allem den tonnenschweren Sarkophag aus äthiopischem roten  Porphyr in starker Erinnerung, in dem der Kaiser 1251 beigesetzt wurde.

Dann fiel uns ein frisches Blumengebinde auf, das jemand im Gedenken durch das Gitter hindurch nieder gelegt hatte. Mir kam eine Idee. In meinem Geldbeutel in einem Fach trage ich gewohnheitsmäßig – es geniert mich, zu gestehen –  als eine Art Talisman – eine kleine Flaumfeder aus dem Nistkasten von Heiliggeist mit mir. Heraus damit und – um mich schauend – schnell gebückt und hinüber zum Sarkophag gepustet.  Da blieb es liegen.

Ach, würde doch, bevor ein Luftzug das Federchen davon wehte,  ein Ornithologe, ein Falkner beim Lesen der Inschrift auf der weißen Marmorplatte die kleine Flaumfeder entdecken, hoffte ich. Als Fachmann würde er sie als von einem Wanderfalken stammend erkennen. Er käme ins Grübeln und Staunen! Hat ein Wanderfalke das Grab des Kaisers angeflogen? Ein Wunder!

„Stupor mundi“- das Staunen der Welt, so bezeichneten Zeitgenossen diesen schwäbischen Sizilianer, der ein spannendes Leben und ein großes Nachwirken hatte.

Was kann ich aus meiner breiten Reihe von Friedrich II.-Büchern empfehlen?

Die großartige, spannende, leicht zu lesende Biographie von Olaf B. Rader „Friedrich II.„, Verlag C.H. Beck, Jubiläumsedition 2013, 18 Euro

23. April 2022|2 Kommentare

Feder eines Wanderfalken auf dem Mond

Ein gefiederter Hammer heißt das Kapitel auf Seite 136 ff. in dem lesenswerten und informativen Buch “Federn – Ein Wunderwerk der Natur” von Thor Hanson, Band 26 in der Reihe NATURKUNDEN  im Verlag Matthes & Seitz, Berlin. Hier kann man über ein berühmtes Experiment nachlesen, das Galileo Galilei bereits im frühen 17.Jhdt.  versuchte. Er warf damals Kugeln unterschiedlicher Masse und Größe vom Schiefen Turm in Pisa. Galileo ahnte schon damals, dass im Vakuum die Schwerkraft nicht wirksam ist, also ein Feder oder ein Stein z.B. auf dem Mond gleich schnell zu Boden fallen. APOLLO 5 -Commander David R. Scott trat am 3. August vor die Kamera und ließ aus Schulterhöhe gleichzeitig einen Hammer und  eine Feder – na, was für eine Feder? – ja, eine Wanderfalkenfeder in den grauen Mondstaub fallen. Beide landeten exakt zum gleichen Zeitpunkt vor seinen Füßen. Quod erat demonstrandum. Die Falkenfeder liegt noch immer dort, denn die Landefähre trug den Namen Falcon zu Ehren des Maskottchens der US Airforce Academy.

23. April 2022|0 Kommentare

Das graue Federkleid der Küken ist nicht hübsch

Aber es gibt uns Gelegenheit, darüber nachzudenken, was da gerade entsteht:

 Woher weiß der Quadratmillimeter Haut, dass dieser Federkeim sich zur harten, langen Feder einer Handschwinge– die äußerste mit der Nr.10. sogar mit einer markanten Einbuchtung auf der Innenfahne – entwickeln soll und woher weiß der andere Quadratmillimeter Haut am Unterbauch, dass seine Federkeime kurze, weiche Flaumfedern herstellen soll? Nach dem zukünftigen Zweck und Ort der einzelnen Feder hat sich jetzt schon bei den Nestlingen entschieden, wie jede einzelne Feder demnächst aussehen wird. Das ist in jeder einzelnen Zelle von Anfang an “einprogrammiert”!  Wenn Ende Mai die fertige Feder ausgeschoben und funktionsfähig ist, braucht dieses tote, verhornte Gebilde, das so unendlich wichtig für das zukünftige Falkenleben ist, keine Blutzufuhr mehr, keinen Sauerstoff mehr und keine Nährstoffe mehr!

Das ist für die warmblütigen Vögel von Vorteil: Der Vogelflügel ist ein schmales Knochenbündel mit wenig Fleisch dran, das von einer leichten und hoch spezialisierten Tragfläche aus toter Substanz überkleidet ist. (Deshalb haben die Altfalken, wenn sie größere Vögel als Beute mitbringen, fast ausnahmslos die Flügel bereits abgeknipst: Ist ja eh nichts dran und sie stören beim Transport!)

Fledermäuse mit durchbluteten Tragflächen müssen viel mehr Energie in ihren Flug investieren. Kein Wunder, dass Vögel uralte und sehr erfolgreiche Bewohner dieser Erde sind.

Mauserfedern, aus aus verschiedenen Jahren, bei der Nistkastenreinigung geborgen

22. April 2022|0 Kommentare
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