Gängs Tagebuch
Gängs Tagebuch2021-10-04T08:44:30+02:00

Seit 1999 schreibt Hans-Martin Gäng das Tagebuch über die Heidelberger Wanderfalken. In über 5000 Einträgen können Sie nachlesen, was seit 1999 alles passiert ist. Dort finden Sie auch viele Informationen zur Biologie des Wanderfalken und zum Verlauf der Brut und Aufzucht des Nachwuchses.

Seit 1999 schreibt Hans-Martin Gäng das Tagebuch über die Heidelberger Wanderfalken. In über 5000 Einträgen können Sie nachlesen, was seit 1999 alles passiert ist. Dort finden Sie auch viele Informationen zur Biologie des Wanderfalken und zum Verlauf der Brut und Aufzucht des Nachwuchses.

15.Mai, 2020

Babyspeck zu Brustmuskeln!

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Das müsste man den Jungfalken – analog zur menschlichen Aufforderung „Schwerter zu Pflugscharen!“ –  nun zurufen. Sie sollten nun häufig und anhaltend mit den Flügeln schlagen, damit diese sie beim Erstflug weit und auf gleicher Höhe halten! Zumeist endet der Erstflug auf einem Dach in der Nachbarschaft oder – nach einer kurzen Schleife – auf dem Kirchendach. Aber schon beim Zweitstart, der manchmal – vom Hunger erzwungen – erst am folgenden (!) Tag erfolgt, schaffen es die Jungfalken bis hinüber zur katholischen Heiliggeistkirche, die wir Heidelberger Jesuitenkirche nennen. Diese wurde im Zug der Gegenreformation demonstrativ etwas höher als die protestantische Heiliggeistkirche errichtet. Das passt den Wanderfalken gut. Dach, Turm und Front sind deutlich höher als die Nachbargebäude und liegen ideal im Talkessel. Der Turm ist nicht öffentlich zugänglich, das Geländer des Umlaufbalkons dient nur den Wanderfalken, die Turmspitze hat Nischen und Öffnungen. Dort wird sich das QUARTETT in den kommenden Wochen oft zeigen.

Ich finde es bemerkenswert, ja, sogar beispielhaft, dass die Heidelberger Wanderfalken ihre Anwesenheit so fair auf die Konfessionen verteilen. Denn in Heidelberg gingen die beiden Konfessionen in Zeiten der Reformation und Gegenreformation nicht gerade freundlich-fair miteinander um…

15.Mai, 2020

Aushungern

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Uns Menschen erscheint das augenblickliche  Verhalten von ZEPHYR und PALATINA jetzt nicht so freundlich-liebevoll wie wir das in den ersten Wochen zu erkennen glaubten. Wir schauen mit unserem menschlichem Blick auf Tiere und neigen dazu, bei ihnen ebenfalls – irgendwie –  menschliche Eigenschaften zu erkennen. Wir dürfen unsere Verhaltensmuster nicht bei  Tieren erwarten. Deren Verhalten ist geprägt von Mustern, die vom Überlebenserfolg seit Jahrmillionen geprägt wurden. So sind die Jungfalken im Nistkasten nun bestens ernährt und wiegen jetzt so viel wie ihre Eltern (die Terzel etwa 700 g, die Weibchen etwa 900 g). Wer hier häufig zuschaut, hat bemerkt, dass die Eltern nun seltener mit Nahrung ankommen und die Jungen deshalb besonders heftig schreien und gieren. Sie sind oft so hungrig und so aggressiv, dass die Eltern nur für ganz kurze Zeit im Kasten verweilen.  Wir können, falls wir uns auf dem Marktplatz aufhalten (Ach, wäre das schön, dort unten eng vertraut mit unseren Lieben einen Eisbecher vor sich zu haben!), in den nächsten Tagen dann ZEPHYR oder PALATINA mit Beute in den Fängen im Schleichflug um den Turm kreisen sehen. Sie provozieren damit die jämmerlich rufenden Jungfalken und locken sie so zum Abflug.

14.Mai, 2020

Mit sicherem Griff

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steht ELIZABETH auf der Gitterstange – ein abgesägter Skistock – im Inneren des Nistkastens. (Die Gitterstäbe hatten wir 2015 eingezogen in der – vergeblichen Hoffnung – damit die Nilgans am Einzug zu hindern.) Wir haben die Stäbe – nun aus Furcht vor dem Uhu –  belassen.

DAS hatten wir noch nicht, dass ein Jungfalke, der sich noch nicht hinaus auf den Balkon traut, diesen hervorragenden Aussichtspunkt erwählt, um ebenfalls hinaus zu schauen! Dazu gehört ein gutes Körpergefühl um mit den großen Fängen auf diesem dünnen Stab Halt zu finden.

Jedes Jahr sehen wir hier neue Fähigkeiten und Verhaltensweisen, auch mir wird es nicht langweilig.

Danke, T.M.!

13.Mai, 2020

Das hatten wir hier noch nie

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Alt und Jung nebeneinander  auf der Anflugstange! PALATINA mit einem Jungfalken friedlich nebeneinander! Vermutlich ist es SOPHIE, die bereits den zweiten Tag auf diesem Halter der Anflugstange ruht. Beide haben einen vollen Kropf, deshalb diese Gelassenheit. Beide dösen, denn wir erkennen, wie sich bei beiden ab und zu die weiße Nickhaut, ein zweites Augenlid, über das schwarze Auge schiebt. Gut zu erkennen: Das Jugendkleid, braun und längs gestreift. Das Alterskleid: blaugrau, weiße Brust, quer gefleckt.

 

13.Mai, 2020

Zwischen Hektik und Ruhe

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schwanken die Aktivitäten des QUARTETTs.

Der Clip der Jungfalken mit ihrer Mutter von heute morgen zeigt ein Verhalten, das ich noch aus meiner Zeit als Lehrer aus den Pausen kenne: Ein Hin & Her, Zänkerei um irgend eine Kleinigkeit, Gedrängel & Sich -Breit-Machen, alles um sich etwas Bewegung im langweiligen Vormittag zu verschaffen!  Andere stehen beiseite und beobachten das Getümmel.  Bald kehrt dann wieder Ruhe ein.

Selbstverständlich drängt die Natur nun mit Macht zur Entwicklung der Flugmuskeln, zur Stärkung der Sehnen und des Skeletts und vor allem auf die Ausbildung der zum Überleben notwendigen Sinne: Erkennen, Zielen, Koordination der eigenen Bewegung mit jener der Beute.

Gut können wir jetzt schon beobachten, wie das Zugreifen geübt wird. Beim Hin & Her im Nistkasten greifen die Jungfalken nun  nach dieser oder jener Feder. Nein, das geschieht nicht „spielerisch“, das ist „Schule“! In wenigen Tagen mussten sie das Zugreifen und Festhalten beherrschen, sonst schnappte der Bruder oder die Schwester den Bissen.  Denn die Eltern setzen sich nur noch für Sekundenbruchteile der Gier des Nachwuchses aus. Jetzt werfen sie die Beute oft nur ab und verschwinden. Und in zwei – drei  Wochen werden die Jungfalken bereits selbst ihre erste Beute greifen müssen, um nicht zu verhungern. Harte und gefährliche Wochen stehen ihnen bevor!

 

 

 

13.Mai, 2020

Blick auf die Fänge

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Schon jetzt benutzen die Jungfalken geschickt ihre Fänge. Sie kratzen sich damit am Kopf, und greifen schon gezielt nach Beuteresten. Ihre Füße erscheinen uns viel zu groß. Die Fänge der GREIFvögel sind auf die spezifische Nahrung spezialisiert: Greifvögel, die ihre Beute in der Luft ergreifen – wie die Wanderfalken,  haben lange, schlanke Zehen für eine maximale Griffweite, mit langen, spitzen, stark gekrümmten Klauen. Mehrfach haben ich diese schon bei der Beringung bei den Küken hautnah kennen gelernt. (Große Greife wie die Harpyie (Harpia harpyja), die in den tropischen Wäldern Mittel-und Südamerikas sich meist von Affen ernährt, besitzt einen kurzen und besonders kräftigen Tarsus (Vorfuß), kräftige Zehen und stark gekrümmte Klauen, deren hintere Klaue 7 cm lang werden kann!)

Drei Klauen ragen nach vorn, die Außenklaue ist besonders lang, die neben der Mittelklaue liegende Atzklaue wird zur Nahrungsaufnahme oft zum Schnabel geführt. Nach hinten ragt die kräftige Fangklaue. Bei mittelgroßen Greifvögeln – wie  beim Wanderfalken – überwältigt manchmal bereits der Aufprall  der geballten Fänge im Moment des Schlages die Beute. Die Tarsi großer Adler verfügen zusätzlich über Muskeln um den Zugriff zu verstärken, während die Tarsi der meisten Vögel nur aus Haut, Sehnen und Knochen bestehen. Beim Fischadler wendet sich eine zweite Klaue nach hinten, um den glatten Fisch sicher zu greifen, zudem erfolgt eine Art Krampf/Verriegelung der Zehen, die manchmal dazu führt, dass schwere Fische den Fischadler unter Wasser ziehen und er ertrinkt, bevor er seinen Griff lösen kann.

Bei den Greifvögeln unterscheidet man “Grifftöter“, die mit Ihrem Zugriff töten (z.B. Sperber und Habicht) und “Beisstöter“, zu denen der Wanderfalke gehört. Diese durchtrennen das Genick der Beute. Beide Methoden führen bei den Beutetieren zu einem schnellen Tod.

12.Mai, 2020

Wir sind gespannt

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Wer von den munteren Terzeln wird von den Trägern der Anflugstange als erster auf die Anflugstange steigen?  Man sieht, wie FRIEDRICH kurz vor dem letzten Schritt steht ..

Danke, C.!

12.Mai, 2020

Was sind die spannendsten Beobachtungen?

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Dieses Jahr werde ich die verblüffendsten Szenen nicht beobachten können, denn die – dank CORVID-19 ausgedünnten und auf Abstand gestellten  – Tische und Stühle der Cafés auf dem Marktplatz werden wohl immer besetzt sein.

Manchmal stehen die vier  Jungfalken – in den letzten Tagen vor ihrem Ausfliegen – gemeinsam außen auf der Anflugstange. Wenn ich in den Vorjahren während dieser Phase gelegentlich unten auf dem Marktplatz beim Eisbecher saß, spielte sich manchmal das ab:

Vier Jungfalken “gieren” gleichzeitig und recken die Köpfe. Sie haben Mutter oder Vater im Anflug mit Beute in den Fängen entdeckt! Der Altfalke kommt – fast immer – in einer großen Kurve einschwenkend über das Palais Boisseré und Rathausdach direkt auf den Nistkasten zugeflogen! Sofort erhebt sich großes Geschrei, Menschenköpfe schauen suchend zum Himmel und Turm.

Am späten Nachmittag steht dann die Sonne direkt hinter dem Kirchturm! Der in beträchtlichem Tempo herbei rauschende Falke fliegt also die letzten 50 m direkt auf die Sonne zu und fliegt auf den letzten 20 m zur Anflugstange plötzlich in den schwarzen Schlagschatten des Turms. Was bedeutet das für seine Augen und sein Gehirn?

Jeder unserer Besucher kennt diese Situation am Nachmittag von den Bildern der Webcam 3, die etwa in gleicher Position wie der anfliegende Falke – 6 m tiefer auf dem Sterbeglöckchenturm des Kirchendachs  – zum Nistkasten zielt! Denn  in diesen langen Minuten versagt die teure Optik! Gleichzeitig direkt in Richtung grelles Sonnenlicht und in den schwarzen Schatten filmen, das kann die Kamera nicht, auch unsere Menschenaugen versagen bei dieser Aufgabe! Auch wir brauchen einige Zeit um unseren Blick vom hellen sonnigen Himmel zum Blick in das schwarze Gully-Loch anzupassen, in das wir gerade unseren Autoschlüssel fallen ließen …

Kein Problem für die Falken! Deren Augen können offensichtlich blitzschnell umschalten! Grell hell, – nun dunkel! Absolut sicher bremst der Falke in Sekundenbruchteilen seinen Flug ab, findet die Lücke über den vier kreischenden und flatternden Jungfalken, die  den Eingang blockieren, und “plumpst” mit der Beute in den Fängen in den Nistkasten.

Das sind AUGENBLICKE, die mich sprachlos machen! Was müssen die Falkenaugen, das kleine Gehirn, die Nerven, die Muskeln, die Flügel, der Stoß, die Fänge in Sekundenbruchteilen verarbeiten! Am liebsten würde ich – über den Eisbecher hinweg tastend  – Beifall klatschen.

Und statt sich PALATINA – eine Sekunde, liebe Kinder, bitte! – etwas entspannen könnte, fallen die Jungfalken sie sofort aggressiv an: ICH! ICH! Her damit! Weg mit Dir!

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Hoppla!

Der Absturz – kopfüber – , über den 15.22. Uhr im Gästebuch berichtet wurde.

Ich kann nicht erkennen, um welchen Falken es sich handelte. Bestimmt hat er aber die Flügel ausgebreitet und ist vermutlich auf dem Kirchendach „gelandet“.

Danke, B.M.!

20. Mai 2022|0 Kommentare

In der Ecke

und mit ausgebreiteten Flügeln, die wie ein Mantel die Beute unsichtbar machen  soll, versucht der Jungfalke die Beute zu behalten. Dann, wir haben es nun oft kopfschüttelnd beobachtet, wird die Beute aus dem Fang des Geschwisters oder  hier des Vaters gerissen und so schnell wie möglich verschlungen! Erst komm` ich.

Danke, OS!

Video_1-1

20. Mai 2022|0 Kommentare

Hunger und Gier

Nein, wir müssen uns nicht sorgen und kein Mitleid mit den Nesthockern, das ist der richtige ornithologische Begriff, haben.

Wie ich bereits versucht habe zu erklären, ist das der übliche, seit Millionen Jahren gängige (hübsches Wort!) Vorgang, wie erfahrene Vogeleltern ihren Nachwuchs zum Abfliegen bringen.

Unsere menschlichen Empfindungen („Ach, nein! Sorgt doch für Nahrung,  wie bisher, bitte!“) sind hier fehl am Platz. (Wir erinnern uns dabei, wie wir selbst unseren Nachwuchs „flügge“ werden ließen.)

Genießen wir die schönen Bilder, die uns Cam 3 noch von verbliebenen Jungfalken live zeigt! Bald sind Nistkasten und Abflugstange leer.

Danke, OS!

Video

20. Mai 2022|0 Kommentare
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