Seit 1999 schreibt Hans-Martin Gäng das Tagebuch über die Heidelberger Wanderfalken. In über 5000 Einträgen können Sie nachlesen, was seit 1999 alles passiert ist. Dort finden Sie auch viele Informationen zur Biologie des Wanderfalken und zum Verlauf der Brut und Aufzucht des Nachwuchses.
Seit 1999 schreibt Hans-Martin Gäng das Tagebuch über die Heidelberger Wanderfalken. In über 5000 Einträgen können Sie nachlesen, was seit 1999 alles passiert ist. Dort finden Sie auch viele Informationen zur Biologie des Wanderfalken und zum Verlauf der Brut und Aufzucht des Nachwuchses.
Der Ablauf einer Beringung
Das interessiert unsere Gäste und ich erhalte Anfragen.
Ich berichte von der Beringung 2023 im „Falkenzimmer“
Die Beringung der Küken im Turm der Heiliggeistkirche ist jedes Jahr eine komplexe Angelegenheit! Sie benötigt ein Team von mehreren erfahrenen Personen. Der Termin und die Uhrzeit ist festzulegen, der Zugang zum Nistkasten ist mit den beteiligten Personen und der Pfarrei abzustimmen.
Der Kasten hängt etwa 2.20 m über meinem Kopf (dieser ist auf Foto 1 rechts unten zu sehen). Der Beringer (Dr.M.P.) muss also auf einer Leiter stehen, um den mehrfach gesicherten Nistkasten öffnen und hineingreifen zu können.
Foto 1 zeigt die Übergabe eines Kükens am 5. Mai 2023 an den Paten und Biologen S.R., der seine Hände nach oben zur Hand von Dr. M.P. streckt und dann das Küken nach unten reicht.
Dort auf dem Fußboden wird das Küken in ein Körbchen gesetzt und mit einem leichten schwarzen Tuch (Foto 2) bedeckt. Sofort verstummt der lautstarke Protest des Kükens! Auf gleiche Weise folgt das zweite Küken.
Die Klappe des Nistkastens wird wieder verschlossen und es folgt die Beringung der Küken an einem hellen Ort des „Falkenzimmers“ .
Nach der Beringung werden die Küken unter einem schwarzen Tuch im Körbchen „geparkt“, wo sie sich sofort ruhig verhalten. Zuletzt wird das abgedeckte Körbchen mit den beringten Küken wieder hoch zum Nistkasten gereicht. Dort werden sie von Dr.M.P. wieder eingesetzt.
Nicht immer hatten wir das Glück, dass beide Altfalken unterwegs waren und so die zeitweilige Abwesenheit der Küken gar nicht bemerkten.
Foto: S.H.


Morgenstimmung am 1. Mai
Danke, S.F. und an andere!


Die beiden Küken werden in dieser Woche beringt
Die Küken sind nun so weit entwickelt, dass der Beauftragte des Max-Planck-Instituts für Ornithologie, Vogelwarte Radolfzell, Dr. M. P. in dieser Woche die beiden Küken an den Fängen individuell beringen wird. Dazu werden sie für etwa eine halbe Stunde aus dem Nistkasten entnommen. Keine Sorge! Das haben alle 83 Küken -!- bisher überstanden und sie leisten in unserer Universitätsstadt einen wichtigen Beitrag für das Wissen um den Bestand und die Entwicklung der Wanderfalken! Die Daten geben uns seit einigen Jahren Anlass zur Sorge, ich habe darüber hier kürzlich berichtet.
Foto: S.H. Beringung 2023

In jedem „süßen“ Küken steckt ein kleiner Saurier
Bald werden wir hier im Nestkasten – ich schreibe: Tischsitten, entdecken, die uns gar nicht gefallen werden! Manchmal mögen wir dann gar nicht zuschauen. Das blutige Verhalten erinnert uns an die Abstammung der Vögel.
Vor etwa 68 Millionen Jahren schlug ein Meteorit auf der Yucatan-Halbinsel im heutigen Mexiko ein. Eine Kettenreaktion aus einer Sonnenverdunkelung mit starker Erdabkühlung, sowie einem anschließenden Treibhauseffekt, führten schrittweise zum Aussterben der Dinosaurier.
Vögel sind Nachkommen einer Untergruppe der Dinosaurier, zu denen auch der berüchtigte Tyrannosaurus Rex gehörte.
Dagegen entwickelten sich erst vor etwa 2 Millionen Jahren unsere Vorfahren (Homo erectus). Aus ihm entstand der Homo heidelbergensis (vor 700 000 bis 300.000 Jahren)
Ihm folgte Homo neanderthalensis (vor 130.000 bis 40.000) und Homo denisova (vor 30.000 bis 14.500 Jahren), dann endlich wir als Homo sapiens (seit etwa 300.000 Jahren)
Kurz und bündig:
Vögel, mit ihren Vorläufern, gibt es schon sehr lange! Wir Menschen sind erst seit sehr kurzer Zeit auf Erden.
Und wir benehmen uns so, dass wir wohl bald wieder verschwinden werden.
Bald bewegen sich die Küken im Nistkasten
Danke, M.H.!

Die Küken sind ergraut

Als die beiden Küken vor 10 Tagen uns vor die Augen kamen, waren diese blütenweiß. Nun sind sie nicht etwa schmutzig, sondern sie tragen bereits ihr zweites Federkleid!
Es sind nun die grauen PELZDUNEN, welche die beiden Küken wärmen.

Die Oberhaut der Vögel ist von unserer Haut völlig verschieden, sie erinnert uns an deren Abstammung von den Saurieren.Bei uns Menschen wird die Hornsubstanz der Oberhautzellen, das Keratin, fortlaufend abgestoßen und von innen erneuert. Als Schuppen auf unseren Schultern, als Hornhaut an unserer Fußsohle und Handinnenflächen, als Haare und Finger- und Zehennägel werden diese abgestorbenen Zellen von nachwachsenden lebenden Zellen verdrängt und als tote Substanz nach außen geschoben.
Die Oberhaut der Vögel bildet Federn aus. Bei der Vogelfeder wird zunächst im Schutz einer Hornhülle (Blutkiel) ein kompliziert eingerolltes „Gebäude“ gebildet, das sich dann zu einer verhornten und hochspezialisierten Federfahne entfaltet,wenn diese Hornscheide aufsplittert. Denn jede Feder dient, je nach ihrer Lage am Falkenkörper, ganz bestimmten Zwecken und wird erst nach der Mauser völlig erneuert! Die harten Armschwingen von LISELOTTE und RUPERT unterscheiden sich völlig von ihrem weichen Bauchgefieder.
Bei unseren Küken formen sich diese „Federorgane“ nun aus. Blutkiele, weil sie bei Verletzung leicht bluten, heißen die bläulich glänzenden Hornscheiden der Zapfen, die nun am Stoß und an den Flügeln bald sichtbar werden. Dann werden diese Hornzapfen an der Spitze eintrocknen und es erscheint die zunächst noch eingerollte Federfahne, die sich allmählich zur Fläche entrollt. Dabei wird die Pelzdune aus ihrer Hauttasche ausgeschoben.
Das „niedliche“ Aussehen der beiden Küken ändert sich nun rasch und sie werden uns bald nicht mehr so „gefallen“ wie bisher. Vor allem ihre tierischen „Tischsitten“ und ihr „Benehmen“ wird uns gar nicht gefallen!
Alles hat einen Preis.
Liebe Gäste!
Wir freuen uns auch in diesem Jahr wieder an dem Einblick in „Wildes Leben in der Stadt“.
Sie wissen oder ahnen, wieviele Stunden Arbeit und welch großer ehrenamtlicher Einsatz dazu notwendig sind, das kostenlos Ihnen zur Verfügung zu stellen. Dank von meiner Seite wieder an die vielen Mitarbeiter im Hintergrund, in meinen Jahresrückblicken habe ich diese oft aufgezählt.
Dank an Sie, liebe Gäste, für Ihre Mitarbeit durch Zusendung von Fotos und Videos und Beiträgen im Gästebuch.
Wir finden auch 2025 großes Interesse: Es gab z.B. im April täglich bis zu 4.800 Zugriffe auf die Cams und mein Tagebuch! (Auch außerhalb der Balz-, Brut- und Aufzuchtzeit zählen wir täglich mehrere hundert Zugriffe auf unsere Website.)
Wieder gibt es treue und aufmerksame Gäste, die dieses Projekt mit Spenden – siehe Titelseite! – finanzieren. Ohne diese kleinen und großen Spenden gäbe es diese Website nicht!
Für die ersten Monate in diesem Jahr sage ich HERZLICHEN DANK an Frau Anne M., an Frau Barbara H., an Herrn Jochen Sch., erneut an das Paar H.und P.R., an das Paar E.und I.? -danke für Ihr Lob!, erneut an Frau A.M., an Herrn H.G., an Herrn Schw.,an Herrn M.R., erneut an das Paar H.und.P.R., an Frau K.B., erneut an Frau A.M., an Frau J.B., erneut am das Paar H.und P.R., erneut an Frau A.M und an das Paar H.und P.R. im April!
(Ich konnte heute leider einige Namen auf dem Ausdruck des Sonderkonto “ für Heiliggeist Wanderfalken“ beim NABU Heidelberg nicht vollständig entziffern.)
Dominanz des Falkenweibchens
ist wieder einmal deutlich zu sehen.
Danke, M.H.!


Das dritte Ei wurde entsorgt
Am Ostermontag , 17.24 Uhr, wurde das dritte Ei in das „Depot“ am südlichen Nistkasteneingang transportiert. Wir hoffen, dass wir dieses Restei bei der Beringung bergen können.
Danke, S.F und an I.L.!

Zwei Küken sind leicht zu versorgen
Danke, M.H.!


Die Sonne hilft zum Wärmen
Leider war die Nacht wieder recht kühl, aber unter der Mutter erträglich.
Danke, M.H.!

Nanu? Wer macht sich da an den Nistkasten ran?
Als wir heute um 9.25 Uhr , aus wichtigem Grund, den Nistkasten öffneten, wurde das sofort bemerkt. Es tut sich zur Zeit etwas auch außen, es herrscht reger Flugverkehr und Falken sind dauernd am und um den Turm.
Danke, D.B.!

Oder sehen wir ein neues Falkenweibchen?
Danke S.F.!
LISELOTTE & RUPERT im Nistkasten
Unser Revierpaar zeigt im Juni ein Verhalten, das wir bisher nur im Februar-März beobachten konnten! Sehr erstaunlich!
Danke,D.B.und S.F.!

Die „Mutter“ aller berühmten Wanderfalken

Manche Wanderfalken gehen in die Geschichte ein. Oft, weil sie erstmals an einem besonderen Ort, Felsen, Kirchturm oder Gebäude entdeckt und über längere Zeit sorgfältig beobachtet wurden.
Heute stelle ich das Wanderfalkenweibchen „Sun Life Falcon“ (1936-1952) vor. Das Foto stammt von G.H. Hall, der den beindruckenden Falken am 4.Juni 1941 – da war ich gerade drei Wochen alt! – am Hauptsitz der „Sun Life Assurance Company „, eine Lebensversicherung in Montreal, Canada auf einem Gesims des Wolkenkratzers vor die Kamera lockte. Wir ahnen, dass die Kamera damals bestimmt ein großer Holzkasten war und G.H. Hall sie unter Protest des prächtigen Falken auf das Fenstergesims stellte!
Dieses Weibchen war 1937 einjährig vor den Bürofenstern erschienen, brütete dort auf dem Beton mit drei aufeinander folgenden Terzeln in 16 Brutfolgen und brachte 21 Jungfalken in die Luft. Wir erkennen auf dem Foto, warum der Sun-Life-Falke so eindeutig dokumentiert werden konnte: Das Brustgefieder zeigte auf der rechten Seite eine Fehlbildung, die wie eine Einbuchtung/Delle aussah.
Das Falkenweibchen fand mit seinen Partnern und Nachwuchs auf dem Versicherungsgebäude tolerante Gastgeber, eine wohl gesonnene Presse und viele Bewunderer in Montreal. Ganz so, wie wir das auch heute seit 25 Jahren ! in Heidelberg erleben dürfen.
Folgerichtig ging sie in die Wanderfalken-Literatur ein:
Ich fand das Foto und ihre Geschichte im Standardwerk von Joseph J. Hickey, „Peregrine Falcon Populations, Their Biology and Decline“, The University of Wisconsin
Das Falkenauge 4
Wieder in „Gängs Tagebuch“ geblättert, um ein Foto von VIER fast flüggen Jungfalken auf derAnflugstange zu finden. Ich fand leider nur ein Foto eines Trio aus 2015 um eine häufige – höchst staunenswerte Beobachtung zu finden, die uns zeigt, wozu die Augen des Wanderfalken fähig sind:

Ich zitiere mich aus meinem Tagebuch der Vorjahre:
Vier Jungfalken “gieren” gleichzeitig und recken die Köpfe. Sie haben Mutter oder Vater im Anflug mit Beute in den Fängen entdeckt! Der Altfalke kommt – fast immer – in einer großen Kurve einschwenkend über das Palais Boisseré und Rathausdach direkt auf den Nistkasten zugeflogen! Am späten Nachmittag steht dann die Sonne direkt hinter dem Heiliggeistkirchturm!
(Unsere leistungsstarke Cam 3 blickt in Richtung Abendsonne in den Schatten des Turms! Sie ist dann überfordert und wir sehen dann nur ein verschwommenes GRAU, weil die Optik der Cam 3 das nicht ausgleichen kann.)
Dem Auge des Wanderfalken gelingt es, direkt in die Sonne zu blicken und gleichzeitig in die Dunkelheit!
Jedes Jahr können wir im Abendlicht folgende Szene staunend verfolgen:
Der in beträchtlichem Tempo herbei rauschende Falke fliegt die letzten 50 m direkt auf die noch grelle Sonne zu und fliegt auf den letzten 20 m zur Anflugstange in den schwarzen Schlagschatten des Turms. Was bedeutet das für seine Augen und sein Gehirn? Jeder unserer Besucher kennt diese Situation von den Bildern der Webcam 3, die etwa in gleicher Position wie der anfliegende Falke – 6 m tiefer auf dem Sterbeglöckchenturm des Kirchendachs – zum Nistkasten schaut! Denn in diesen langen Minuten versagt unsere teure Optik! Gleichzeitig direkt in Richtung grelles Sonnenlicht und in den schwarzen Schatten filmen, das kann die moderne und teure Kamera nicht. Auch unsere Menschenaugen versagen bei dieser Aufgabe: Auch wir brauchen einige Zeit um unseren Blick vom hellen sonnigen Himmel zum Blick in das schwarze Gully-Loch anzupassen, in das gerade unser Autoschlüssel gefallen ist.
Kein Problem für die Falken! Deren Augen können offensichtlich blitzschnell umschalten! Grell hell, nun dunkel!
Denn absolut sicher bremst der Falke in Sekundenbruchteilen seinen Flug ab, findet die Lücke über den vier kreischenden und flatternden Jungfalken, die den Eingang blockieren, und “plumpst” mit der Beute in den Fängen in den Nistkasten.
Das sind AUGENBLICKE, die mich sprachlos machen: Was müssen die Falkenaugen, das kleine Gehirn, die Nerven, die Muskeln, die Fänge in Sekundenbruchteilen verarbeiten! Und statt sich der Falke – „eine Sekunde, bitte!“ – etwas entspannen könnte, fallen die Jungfalken ihn sofort geradezu an: HUNGER!!“
In den letzten Jahren – mit nur zwei Jungfalken – war diese Aufgabe für RUPERT und LISELOTTE relativ leicht zu bewältigen: Sie hatten genügend Raum um sicher mit der Beute im Kasten zu landen.
Das Falkenauge 3
| Da war doch im Bio-Unterricht – kurz bevor uns die Äuglein zufielen – irgend etwas mit “gelber Fleck” auf der Netzhaut? Vergessen?
Na gut: Die Fovea ist eine trichterförmige Vertiefung auf unserer Netzhaut (Die prüft unser Augenarzt, wenn er unseren Augenhintergrund betrachtet!), wo die Sinneszellen besonders dicht gepackt sind. 50% unserer Sehnerven führen von dieser Stelle in das Gehirn! WIR haben dort etwa 200 000 Sinneszellen pro Quadratmillimeter, der Wanderfalke über eine Million! Allein das verleiht ihm – schätzt man – eine achtfach höhere Leistungsfähigkeit im Vergleich zu unserem Auge. Taggreifvögel haben eine zweite, temporale Fovea neben der tief liegenden. Sie sorgt für eine binokulare Sicht in Zusammenarbeit mit der monokularen Scharfsicht der trichterförmigen Fovea! Wanderfalken sehen deshalb mit EINEM Auge besonders scharf! Wie oft haben wir schon hier im Kasten ganz verdrehte Falkenköpfe gesehen, wenn die Jungen oder Alten mit einem Auge etwas – z.B. eine Fliege auf einem Beuterest – betrachteten! Ebenso wundern wir uns, wenn bei Jagdflügen die Wanderfalken der Beute nicht geradlinig nachfolgen, sondern aus einem Winkel die Beute anjagen, in dem sie die Beute nur mit einem Auge sehen. Sie können auch mit EINEM Auge sehr gut fokussieren! (Das können übrigens auch Schwalben und Mauersegler.) “Da war doch noch was mit Stäbchen und Zapfen …” – Gut aufgepasst, das gibt ein Fleißkärtchen! – : Von den zapfenförmigen Sehzellen – für Farben zuständig – verfügen Wanderfalken über vier, vielleicht auch fünf Arten, wir Menschen nur über drei! Das bedeutet, dass Wanderfalken über ein völlig anderes und ausgeprägteres Farbsehenverfügen! (Wir kennen das von Insekten, inzwischen weiß man, dass auch Fische, selbst Schildkröten, ein weit höher entwickeltes Farbsehen haben als die Säugetiere.)
Wir Menschen, mit “schlechter” Farbsicht und “wenigen” Sinneszellen im Auge ausgestattet, lassen uns im Kino schon mit der Abfolge von 25-30 “stehenden” Fotos pro Sekunde als “Film” übertölpeln, ein Wanderfalke mit etwa 10-fach größerer Sehstärke und uns unbekannter Farberkennung würde da nur eine “langsame” Abfolge von Fotos in schwächlicher Färbung sehen …
„Klingeling! Ende der Lektion! Ihr könnt in die Pause gehen! Und: Augen auf!“
PS. 13.06.2025 : Diese Lektion aus „Gängs Tagebuch Archiv “ schrieb ich 2018
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