Seit 1999 schreibt Hans-Martin Gäng das Tagebuch über die Heidelberger Wanderfalken. In über 5000 Einträgen können Sie nachlesen, was seit 1999 alles passiert ist. Dort finden Sie auch viele Informationen zur Biologie des Wanderfalken und zum Verlauf der Brut und Aufzucht des Nachwuchses.
Seit 1999 schreibt Hans-Martin Gäng das Tagebuch über die Heidelberger Wanderfalken. In über 5000 Einträgen können Sie nachlesen, was seit 1999 alles passiert ist. Dort finden Sie auch viele Informationen zur Biologie des Wanderfalken und zum Verlauf der Brut und Aufzucht des Nachwuchses.
Gestörte Nachtruhe
Nein, nicht von den lärmenden und oft betrunkenen menschlichen Nachtschwärmern auf dem Marktplatz!
Man teilt mir mit, dass ZEPHYR in der Dunkelheit von sehr vielen Fliegen belästigt wurde und sogar „genervt“ seinen Schlafplatz in Richtung Ausgang verlegte.
Wo mögen diese Fliegen herkommen, rätsele ich. In der Endphase der Aufzucht beobachten wir oft einzelne, selten mehrere, Schmeissfliegen, Wespen und Hornissen, die von den Beuteresten angelockt, den Nistkasten aufsuchen. Aber jetzt?
Das ist ungewöhnlich, denn wir reinigen seit 21 Jahren nach dem Ausfliegen der Jungfalken sehr sorgfältig den Nistkasten! Wir entfernen den gesamten Abfall an Federn, Knochen und Gewöllen. Als zweiten Arbeitsschritt entnehmen wir die obere, verschmutzte Bodenschicht, denn vor allem am Eingang ist diese Schicht oft verkotet und vom Regen durchfeuchtet.
Als nächstes kratze ich mit Spachtel und Drahtbürste die Ecken und Kanten des Bodens frei, denn dort könnten Taubenzecken, Federlinge, Lausfliegen, Federmilben und Fliegenmaden Unterschlupf bis zur nächsten Saison finden. Vor allem in diesen Ecken und Kanten tragen wir frische Farbe auf und übertünchen auch die verkoteten Wände.
Zuletzt füllen wir den Boden mit zwei bis 4 Zentimeter frischen Sand und Kies auf.
Dass unser Nistkasten seit langen Jahren beflogen wird und gesunde Jungfalken in die weite Welt sendet, führen wir – auch – auf diese penible Reinigung zurück. Bei der Beringung der Jungfalken achten wir auf eventuell auftretende Vogelparasiten und könnten diese bekämpfen.
Danke, M.H. und D.B.!
.

Dauerpräsenz
PALATINA und ZEPHYR sind bereits jetzt wieder täglich einzeln und als Paar am Kirchturm zu sehen. Meist auf der Anflugstange. Das ist ein neues Verhalten!
Ihre Vorgänger, aber auch sie selbst, waren in den Vorjahren sehr selten in den Monaten Juli bis November am Turm zu sehen. ZEPHYR begann vor drei Jahren schon im September den Nistkasten als Schlafplatz zu nutzen und hat diesen sicheren Platz beibehalten. Ruhig ist es dort nicht, z.Zt. gibt es in der Altstadt nachts viel Lärm und Unruhe.
In der Nacht vom 3. auf den 4. August hat ZEPHYR den Nistkasten wieder als Schlafplatz aufgesucht.
Danke, M.H. und D.B.!


PALATINA am Abend des 3. August
Sie wurde abgelöst von ZEPHYR.
Danke, D.B.!

ZEPHYR am 2. August
Danke, M.H.!


Wie unterscheiden sich PALATINA (Weibchen) von ZEPHYR (Terzel)?
Immer wieder werde ich von Besucherinnen und Besuchern unserer Website gefragt: „Woran erkenne ich, wer da gerade zu sehen ist?“
Das ist nicht einfach, selbst ich täusche mich manchmal bei flüchtiger Betrachtung. Zunächst sind bei den Wanderfalken die Weibchen deutlich größer als die männlichen Wanderfalken (Terzel), die etwa ein Drittel kleiner und leichter sind (lat. tertium = Drittel). Sieht der Falke in Kopf und Körper – ich schreibe mal: massiv/gedrungen – aus, so ist es ein weiblicher Falke! Erkennt man an ihren Fängen eine rötliche Beringung: Hurra! Das ist PALATINA! Dich kennen wir seit 2014. s.u.
Erscheint uns der Falke in Kopf und Körper – ich schreibe mal: eher zierlich/schlank – aus, so könnte es ein Terzel sein! (Allerdings: Hat er gerade gefuttert, dann sieht er frontal betrachtet mit gefülltem Kropf auch ziemlich massiv aus! ) Erkennen wir einen recht schwarzen Kopf und wir sehen, dass dieser Falke NICHT beringt ist, so ist das ZEPHYR! Dich kennen wir wir seit 2017.
Wer sich die Mühe macht, den Kopf und Halsbereich beider Falken einzuprägen, so erkennt man im Bereich des Backenstreifs/Nacken/ Brust charakteristische Muster des Federkleids. Hier unterscheiden sich die beiden Heidelberger Falken.
Heute haben wir von E.E. zwei Schnappschüsse eines kräftigen Wanderfalken mit vollem Kropf und breiter Brust erhalten, die uns genau diese Hals-Nackenpartie und Bartstreif zeigen. Und – hurra! – wir erkennen die rötlichen Ringe an den Fängen: Dein Name ist PALATINA!
Grundsätzlich: Die Brust eines erwachsenen Falken ist quer mit dunklen Punkten „gesperbert“, die jungen Wanderfalken zeigen uns längliche braune Streifen, so unterscheiden wir Jung & Alt.
Danke, E.E.!


Besuch von PALATINA am 2. August 2021
Danke, E.E. !

PALATINA am 28. Juli im Regen
Danke, E.E. und M.H.!


ZEPHYR am 28. Juli zu Besuch
Danke, M.H.!
!

ZEPHYR am Sonntagmorgen
25. Juli 2021
Danke, D.B.!


Vergiftete Jungfalken
Jedes Jahr immer die gleichen schlimmen Nachrichten!
PALATINA flüchtet vor Jungfalken
am 14. Juli, 18.24 Uhr.
Danke, M.H.!



Ja, ist das denn schon Herbstbalz?
Die Wetterlage in der Kurpfalz ist z.Zt. tatsächlich schon sehr herbstlich.
(Siehe Gästebuch!)
Danke, M.H.!


Letzte Bruttage
Danke K.!
Nun wird es spannend!
In Italien und auch in Deutschland sind die ersten Küken dieser Saison geschlüpft. WIR konzentrieren uns auf die Heidelberger Wanderfalken und können nicht über andere Nistplätze berichten. Aber wir zählen die Abstände der Legedaten und wissen, dass es nun auch bald hier so weit sein wird!
LISELOTTE ruft nach Abwechslung beim Brüten!
Danke, M.H.!

Brutablösung am Abend
Danke, S.F.!
Außen kalt, innen voller Leben
In den Eiern haben sich die befruchteten Eizellen zu Embryonen verwandelt. Der Nachwuchs in den Eiern ist – heute am 23. Tag nach der Ablage des dritten Ei (Brutbeginn) – inzwischen fast ausgereift und nahezu vollständig entwickelt!
Bereits um den 21. Tag der Brutzeit dreht sich der Embryo in die richtige Position, um die Eischale demnächst zu sprengen. Etwa um den 26. Tag der Brutzeit, 2023 etwa am 11. April, wird der Embryo den Kopf nach rechts unten unter den rechten Flügelstummel drehen, so dass der Schnabel in Richtung der Luftkammer zeigt. (Die Luftkammer kennen wir aus dem hart gekochten Hühnerei.) Der Schnabel drückt so bereits dann gegen die Membran, die den Embryo noch von der Luftkammer trennt. So bewegt sich der Embryo allmählich in die Schlupfposition:
Der große Kopf wird am stumpfen Ende des Eies liegen und die Beine können sich in Richtung spitzes Ende strecken. (Dazu fehlt ihnen jetzt noch die Kraft.) Läge der Kopf im spitzen Ende des Eies, könnte der “Eizahn” auf dem Oberschnabel die Schale nicht am “Äquator” öffnen. In den letzten Tagen vor dem Schlupf ruht das Küken und sammelt seine Kräfte im Nackenmuskel, der die Schalenhälften beim Schlupf auseinander drücken muss. Seine Nahrung, die ihm im Dottersack mitgegeben wurde, hat der Embryo bereits nahezu aufgebraucht, der Kalk für seine zarten Knöchelchen kam aus der Eischale, die nun allmählich dünner geworden ist.
(Wir Ältere erinnern uns schaudernd an die 196o-er/1970-er Jahre, als Pestizide in der Nahrungskette der Greifvögel deren Eischalen so dünn werden ließ, dass diese unter dem Gewicht der brütenden Eltern zerbrachen.)
Der Weg von der befruchteten Eizelle zu einem Lebewesen, – hier bald zu einem winzigen weißen Piepmatz, ist für uns Miterlebende jedes Jahr ein wunderbares Erlebnis!
2019, 2021 und 2022
erlebten wir bereits am 8. April den ersten Schlupf! Dieses Jahr erwarten wir das gegen Ende der kommenden Woche.
Eier, Federn und Bälge – Sammler gefährden die Vogelwelt, liefern Wissen
Die Grundlage unseres Wissens über die Vogelwelt liegt seit dem 19. und 20. Jahrhundert in den riesigen Sammlungen und Beschreibungen von Bälgen, ausgeblasenen Eiern, mit Arsen bestäubten Gefiedern und in Alkohol eingelegten Vögeln in ornithologischen Sammlungen, z.B. in New York, London, Berlin, Senckenberg Museum Frankfurt, Museum Alexander Koenig Bonn, Naumann-Museum, Schloss Köthen, etc.
Die Entstehung solcher Sammlungen ist oft kurios, ich berichte aus dem Buch von Tim Birkhead Birds and us, Penguin Books 2023, S. 232 ff.
Der Bankiersohn Walter Rothschild (1868-1937) kündigte 1875, im zarten Alter von 7 Jahren, seinen Eltern an, er werde beruflich nicht seinem Vater folgen, sondern ein Museum führen. Sein Vater übereignete ihm schließlich den Familiensitz Tring Park, Hertfordshire, dazu 1 Million Pfund (heute etwa 100 Million Pfund) für das sich bis heute erweiternde Naturkundemuseum. Walter, 3. Baron Rothschild, beschäftigte hunderte Forscher, um seltene Vögel weltweit zu finden und zu liefern. Ab 1892 notierte Walter R. mit dem Deutschen Kurator Ernst Hartert seine Erkenntnisse. Der berühmte Vogelmaler Keulemans illustrierte die Beschreibungen, z. B. der höchst seltenen Kasuare aus Neu Guinea und Nordaustralien, von denen 64 lebende Exemplare ! nach Tring geliefert wurden. W.R., E.H. und ein weiterer Kurator lieferten 1 200 Bücher und Artikel, definierten und beschrieben aus ihrer Sammlung von 300 000 Vogelbälgern und 200 000 Eiern 5 000 neue Arten! Sir Walter heiratete nie, “ … but had at least three well-to-do mistresses, the identity of only two of them are known“. Die dritte Geliebte „… known only to be a married ´peeress` ( together with her husband) threatened to make Walter`s affair with her public …“ erpresste ihn über 40 Jahre, bis er ruiniert und gezwungen war, seine Sammlung an das American Museum of Natural History, New York zum Spottpreis von $ 225 000 zu verkaufen, Kurz danach starb 1937 Walter R.
Ornithologie ist unterhaltsam, nicht wahr?
PS. Als vor sieben Jahrzehnten die Bestände des Wanderfalken auf der Nordhalbkugel einbrachen, weil die Eierschalen der Greifvögel immer dünner wurden, konnte man aus solchen Museumsbeständen Zeitreihen von Wanderfalkeneiern messen und auswerten: Je mehr DDT, desto dünner die Schalen. DDT wurde verboten, ein Jahrzehnt zuvor hatten die Entdecker dafür den Nobelpreis Chemie erhalten.
PPS. Und Frauen in der Ornithologie?
Emilie Snethlages (1868 -1929) wurde als eine der ersten Frauen in Deutschland promoviert. Man liest, dass sie in 15 Minuten einen perfekten Kolibri-Balg präparieren konnte. (Kai Spanke in FAZ v. 3. Januar 2023 , S.10)
