Es regnet stark. Ich erreiche telefonisch keinen Assistenten. Auf dem Umlaufbalkon der Heiliggeistkirche ist bis in die Abendstunden Publikumsverkehr. Den Falken auf Heiliggeist durch die Kastenklappe zurück in den Kasten zu bugsieren, würde ihn stressen und er würde wohl sofort nach außen springen.

Ich gehe – Ökumene ist auch in Heidelberg selbstverständlich – zur Pfarrsekretärin Frau K. in die Jesuitenpfarrei. Sie telefoniert den Kirchendiener B. herbei. Gemeinsam besteigen wir den Kirchturm der Jesuitenkirche, den Karton mit ANNETTE gebe ich nicht aus der Hand. Viele Stufen, dann steile Leitern, die von halbkreisförmigen Blechringen umgeben sind, um einen Sturz zu vermeiden. O je! Den Karton nach unten hinter mich haltend steige ich – einhändig! – im Dunkeln durch die Blechringe, wie gut, dass ich von zierlicher Gestalt bin! Im letzten Drittel des Aufstiegs bin ich allein, es ist nicht jedermanns Sache im unbekannten Dunkel enge Leitern zu besteigen… Ich schlüpfe unter den Glocken durch, wieder zwei neue Leitern! Endlich vor mir eine Tür,  ich öffne die Riegel: Ah, ich bin auf dem Umlaufbalkon!  Ich höre Protestgeschrei, von unten hatte ich zwei Jungfalken oben entdeckt. Schnell kippe ich ANNETTE auf den Boden, ich wage es nicht sie auf das Steingeländer zu stellen. Vielleicht wäre sie steil nach unten abgeflogen, sie soll aber nun oben bleiben. Sie läuft zur Ecke, bleibt dort stehen, wirft mir einen langen Blick zu und verschwindet um die Ecke. Adieu! Völlig verschwitzt und außer Atem, den leeren Karton in der Hand steige ich mühsam hinab und staune über die Höhe dieses Turms.

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