in den letzten Tagen durch meine Enkelin, konnte ich es mir als Lehrer im Ruhestand nicht verkneifen, ihr – altersgerecht selbstverständlich in einfacher Sprache – das Wunder eines Vogeleies zu erklären.

Wie so vieles in der Natur, nehmen auch wir Erwachsene – z.B.  ein Ei –  meist ohne Staunen zur Kenntnis.

Im embryonalen Stadium haben Vögel noch zwei Eierstöcke, dann entwickelt sich aber meist nur der linke zu einem funktionierenden Organ. Bei manchen Vogelarten, wie beim Wanderfalken, entwickelt sich aber auch der rechte Eierstock und der rechte Eileiter.
Hormone, ausgelöst durch Tageslänge und Balz mit RUPERT, hatten sich bei LISELOTTE  zu Beginn der Balz die Eierstöcke vergrößert. In deren Inneren reiften nun von den etwa 4 000 potentiell vorhandenen Eizellen  einige – 2024  vier – in Follikeln. Die Hoden von RUPERT, nahe bei den Nieren liegend, hatten sich durch die Wirkung der Hormone FSH und LH enorm vergrößert. Beim Eisprung (Ovulation) wurde eine reife Eizelle aus dem Follikel in das schlauchförmige Ostium des Eileiters entlassen. Ciliar-Strömung trug die Eizelle in den Eileitertrichter (Infundibulum) wohin nach der Kopulation die Samenzellen RUPERTs gewandert waren. Dort fand die Befruchtung statt. Die nächste Station war die Magnum-Region, wo Eiklar und und Mineralstoffe gebildet werden.
In dieser Region des Eileiters verblieb das Ei etwa drei Stunden und es bildete sich das, was wir Eiweiß nennen. Das Ei passierte dann den Isthmus, wo die Eihüllen (innere und äußerer Schalenhaut) sich bilden, was etwa eine Stunde dauerte. Die nächste Station war der Uterus, in dem sich die Kalkschale bildet und Pigment in seinen arttypischen Mustern und Farben hinzugefügt wird. Die „Herstellung“ des Ei dauerte die längste Zeit!
Insgesamt sind es etwa 20 bis 26 Stunden, bis  das Ei dann die kurze Vagina passiert und über die Kloake  im Nistkasten abgelegt wird. Inzwischen schreitet parallel die Entwicklung des nächsten Eies voran. Hier in diesem Nistkasten sind es oft vier Eier.
Ein fünftes ist sehr selten. Wir freuen uns, wenn auch nur zwei gelegt werden.
Der Legevorgang erfolgt rasch und unauffällig. (Ich habe mehrfach über Cam 2 beobachtet, dass das ruhende Weibchen sich kaum bewegte und danach oft wieder „Steinchen“ zog oder das Gefieder pflegte.)
Der Bedarf an Kalzium war in diesen Tagen der Eibildung bei LISELOTTE sehr hoch und in ihrem Blut war der Kalziumspiegel z.Zt. etwa doppelt so hoch wie bei Säugetieren!
Bereits während der Balz hatte sie aus ihrer Nahrung Kalzium in ihren Schulterblättern und Beckenknochen “gebunkert”, das dann – hormonell gesteuert – über das Blut in die Eierstöcke – zur Eischalenbildung – transportiert wurde.
Genau dieser Vorgang wurde vor fünf Jahrzehnten durch DDT, seine Derivate und andere Pestizide, die über die Beutevögel aufgenommen wurden, bei Greifvögeln beeinträchtigt! Brüchige und zu dünne Eischalen führten zu dem weltweiten Rückgang auch der Wanderfalken, der heute überwunden ist.

Heute kommen andere Stoffe, die über die Nahrungskette in die Wanderfalken kommen,  in unseren sorgenvollen Blick: Furane, Glyphosat …

 

4 Comments

  1. Andrea Linz 8. April 2024 at 14:39 - Reply

    Danke für die verständliche Erklärung des komplizierten Vorgangs- aber es ist doch überraschend schnell von Kopulation bis Eiablage, ca nur 1 Tag! Noch eine Frage: ist nach dem ersten Legen eines Eies eine wiederholte Kopulation nötig, oder bleibt ein Samenzellen- Vorrat im Weibchen?

  2. Hans-Martin Gäng 8. April 2024 at 16:55 - Reply

    Nach einer Kopulation kommt – eventuell – die Befruchtung und Entwicklung eines Eies in Gang. Die Entwicklung zum Embryo vollzieht sich in mehreren Stufen- wie beschrieben – über mehrere Tage. Da in der Hochbalz täglich es zu einer Vielzahl (!) Kopulationen kommt, sind weitere Eizellen in der Entwicklung. Also nicht erst, nachdem das erste Ei gelegt wurde. Der zeitliche Abstand zwischen den – bei uns bis zu vier – Eiern beträgt etwa zwei Tage.

  3. Steven 10. April 2024 at 0:47 - Reply

    Sind die sehr ausführlichen, die äußerst kenntnisreichen und informativen Ausführungen des Administrators bezüglich der Entstehung des Vogeleies dahingehend zu verstehen, dass diese Entwicklung von der befruchtungsfähigen Eizelle zum fertigen Vogelei nicht nur bei domestiziertem und somit potentiell verzüchtetem Geflügel, sondern ebenfalls bei Wildvögeln unabhängig erfolgt von der tatsächlichen Befruchtung der Eizelle, und dass stattdessen bereits das bloße Balzgeschehen, einschließlich der damit verbundenen zahlreichen Paarungsvorgänge, ausreichend ist für diese Entwicklung ?

    Wäre es somit vorstellbar, dass der bloße Paarungsreiz als diesbezüglicher Impuls anzusehen ist, und dass als Folge dessen auch ein missglückter Paarungsakt, bei welchem männliche Befruchtungssubstanz entweder überhaupt nicht übertragen wird oder
    aber in nur unzureichender Menge, als Anstoß ausreicht zur Entwicklung des fertigen Vogeleies ?

    Wäre demzufolge die Vermutung naheliegend, dass es in erster Linie die sexuelle Unerfahrenheit der Beteiligten ist sowie vor allem diejenige des männlichen Partners, welche geeignet wäre, das verwunderliche Phänomen des unbefruchteten fertigen Vogeleies, welches gleichwohl wochenlang bebrütet wird, überzeugend zu erklären ?

  4. Hans-Martin Gäng 10. April 2024 at 11:41 - Reply

    Es ist für mich als Laie schwierig diese Fragen zu beantworten. Ich habe auch nicht die Zeit und Muße, solche Details in Büchern, Internet etc. zu erkunden. Für Vermutungen ist hier wenig Raum, meine Erfahrungen als Laie sollten Sie nicht überschätzen.

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