„Was wäre, wenn LISELOTTE jetzt noch einem oder mehreren männlichen Wanderfalken begegnen würde?“ fragt N.W. über eMail. „Wie würde sie sich entscheiden? Für wen?“
Bei den Greifvögeln sind die Weibchen größer und schwerer als die Männchen (Terzel). Sie müssen ja in kurzer Zeit mehrere Eier produzieren, diese ausbrüten und dann die Jungvögel lange Zeit ernähren und anlernen. Wanderfalken sind Beutegreifer, also „gut bewaffnet“ und leben keineswegs als eng vertrautes Paar. (Unser menschliches Verhalten, z.B. „Liebe, Treue, Trauer „sind hier nicht angebracht.)
Auch in der Balz, so habe ich das vor einigen Jahrzehnten in freier Natur beobachtet, halten die Terzel zunächst deutlich „respektvollen“ Abstand zu den Weibchen, machen sich durch „Lahnen“ , also Rufe dem Weibchen bemerkbar und zeigen dann „was sie können“. Die Weibchen prüfen die Tauglichkeit des Terzels als zukünftigen Versorger: „Kann er mich während der Brut mit Beute versorgen, wenn ich die Eier bebrüte und keine Zeit für die Jagd habe? Kann er mich und dann vier Küken ernähren?“ = „Heidelberger Standard“
Diese Überprüfung und Annäherung erfolgt jetzt durch gemeinsame Flüge mit virtuosen „stoops“ (Sturzflügen), die als Scheinangriffe aufeinander erfolgen: Oft wird sich ein Falke dabei auf den Rücken rollen und dem anderen Falken die Fänge entgegen strecken. Gelegentlich verhaken sich die Fänge und beide Falken purzeln übereinander, alles in beträchtlicher Höhe und bei hohem Tempo! Ich habe das in fünf Jahrzehnten nur wenige male beobachten können, ein unvergessliches Spektakel! Allmählich nähert sich das Paar an, sitzen/stehen dann gemeinsam auf einem Felsen oder Ast, aber auch dann steht der Terzel meist höher und auf Distanz, wie ich oft beobachtet habe. Die Terzel spüren, dass sie an Kraft und Masse nicht mit den Weibchen konkurrieren können. Die kleineren Terzel sind jedoch wendiger im Flug als die Weibchen. Kämpfen die Weibchen mit einem anderen Weibchen um das Territorium, so halten sich die Terzel auf Abstand und beteiligen sich nicht! (Auch das wurde in Heidelberg mehrfach beobachtet.) Wanderfalken „kuscheln“ nicht miteinander. In 24 Jahren hat hier das Falkenpaar nur zweimal gemeinsam im Nistkasten übernachtet.
Es folgt die Phase, in der der Terzel seiner Partnerin Beute anbieten wird oder sich diese im Flug entwenden lässt. So zeigt er LISELOTTE , dass er sie in Zukunft bei der Brut und Aufzucht des Nachwuchses versorgen kann.
Grundsätzlich entscheidet ALLES, was wir hier über die Cams sehen dürfen, das Falkenweibchen!