Wir haben in den letzten Wochen beobachten können, dass der Nachwuchs vieles – gewissermaßen automatisch – von einem Tag auf den anderen beherrschte: Kopf heben, Schnabel aufsperren, Bettelrufe, Drängeln, Beutereste festhalten und selbst Essbares abreißen, Hoppeln, zielgerichtet zugreifen, mit den Flügeln schlagen, – ja sogar das Fliegen! Das ist alles angeborenes Verhalten und gehört zur Grundausstattung wie Federkleid und Schnabel.

Nun beginnt die Zeit des Lernens, der Nachahmung, der Jagd! Das geht nicht als home- schooling, sondern ist eine Open-Air-Veranstaltung!

Vielleicht ist das für ZEPHYR & PALATINA nun die anstrengendste Periode.

Das QUARTETT ist noch lange Zeit völlig abhängig von der Nahrungslieferung durch die Eltern!.  Die Jungfalken fliegen zwar nun schon ab und zu längere Strecken, sogar bis auf große Höhe. Sie versuchen bereits ihre Geschwister, andere Vögel, irgend ein Laubblatt, das vom Wind hoch getragen wurde, ein Insekt zu verfolgen, aber sie stehen/ruhen noch lange Zeit des Tages an einem sicheren hohen Ort. Sie kehren von ihren Kurzflügen immer wieder in die Altstadt zurück.

Früh erblicken sie ein mit Beute herbei fliegendes Elternteil, fliegen ihm entgegen und verfolgen es hartnäckig. ZEPHYR und PALATINA geben keineswegs die Beute großzügig preis! Oft steigen sie im letzten Moment in die Höhe, legen sich auf die Seite, manchmal lassen sie die Beute auch aus großer Höhe fallen und hoffen, dass die Jungfalken die zu Boden stürzende Beute noch vor den Dächern ergreifen. Einmal sah ich, dass kurz vor dem Aufprall der Beute auf den Hausdächern, – wie aus dem Nichts -, das andere Elternteil sehr tief herbei fliegend, den herab fallenden toten Vogel noch in der Luft ergriff und mit ihm wieder in die Höhe flog, verfolgt von den kreischenden Kindern! Auf ein Neues!

Lehrmethode ist: “Fang mich doch! Nimm mir die Beute weg!  Nein, ich gebe sie nicht freiwillig her! Du musst sie gegen Deine Geschwister verteidigen, sonst bleibst Du hungrig!” Das Lernziel ist jetzt, eine Beute im Flug den widerstrebenden Eltern zu entreissen. Meist von unten anfliegend, sich auf den Rücken drehend und mit ausgestreckten Fängen zugreifend!

Dann nichts wie weg, an einen sicheren Ort zum Kröpfen, meist verfolgt von den Geschwistern. Nur so – aus Hunger – lernen sie Schritt für Schritt, – nein, Flugangriff auf Flugangriff – selbst einmal einen fliehenden Vogel zu greifen.Es dauert etwa einige Wochen, bis die Jungfalken das gelernt haben. Erst dann ziehen sie allmählich weitere Kreise um die Altstadt und wandern schließlich ab.

2 Comments

  1. Jürgen Wolf 27. Mai 2020 at 9:51 - Reply

    Lieber Herr Gäng, wieder herzlichen Dank für die liebevolle, fachkundige Beantwortung der vielen interessanten Fragen und Kommentare. Kann ein Falke auch Mauersegler schlagen, die ja mit hoher Geschwindigkeit und vielfältigen Flugmanövern durch die Luft sausen?
    Sie und Ihr Team haben mit der Säuberung ganze Arbeit geleistet und den Grundstein für das nächste Jahr gelegt. Ich freue mich jetzt schon drauf und bin auf die neuen Namen gespannt. Herzlichst Jürgen Wolf, aus Heidelberg jetzt Stuttgart.

  2. Hans-Martin Gäng 27. Mai 2020 at 11:03 - Reply

    Ja, er kann das- leider! Zweimal fand ich bei der Reinigung des Nistkastens – in 20 Jahren – Flügel-und Federreste von erwachsenen Mauerseglern.

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