Was ist eigentlich unter dem Nistkasten, werde ich manchmal gefragt. Der kühlschrankgroße Nistkasten hängt im „Falkenzimmer“ des Turmhelms hinter der Luke, die von Cam 3 gezeigt wird. Der Kies und Sand, auf dem die Küken schlafen, befindet sich etwa auf 1,70 m Höhe über dem Fußboden. Ich muss mich auf die Zehenspitzen stellen, um durch die „Spionlöcher“ schauen zu können. Wussten Sie, dass die Falken, wenn es unten auf dem Marktplatz ruhig wird – am Morgen, an manchen Abenden – mit feinster Musik bedient werden? Ich stand schon manches mal oben am Nistkasten und hörte von unten aus der Kirche Toccaten, Choralvorspiele meines geliebten J.S. Bach, wenn der Organist mit vollem Werk spielte.
Gestern Abend erlebten wir unten in der voll besetzten Kirche im Rahmen des „Musikfestival Heidelberger Frühling“das britische Vokalensemble Voces8 , begleitet von Viola, Klarinette, Elektronik und Perkussion: Österliche Musik aus dem katholischen, protestantischen, orthodoxen und anglikanischen Ritus. Wenn man weiß, wie sich in dieser Kirche vor einigen Jahrhunderten die Konfessionen stritten – bis 1936 trennte eine Mauer mitten durch die Kirche (!) die Konfessionen – dann war dieses friedliche und schöne Konzert etwas ganz Besonderes. Bei manchem Perkussions-Donner, Blechgetöse und elektronischem Jaulen bangte ich um den Schlaf der Kleinen 56 m darüber, der wunderbare Gesang wird den Falkennachwuchs aber schnell beruhigt haben…