Wanderfalken und Habichte waren auch in Heidelberg von Aushorstung bedroht! Eine lang vergessene Felseinmeißelung im Gumpentalsteinbruch, der ca. 1900 stillgelegt wurde, ca. 50 m oberhalb des Ingenieurweges (im Stadtplan von Heidelberg im Planquadrat G,H 15), legt davon Zeugnis ab: An einer schwer zugänglichen Stelle wurde in die fast senkrechte Felswand nachfolgende Inschrift eingemeißelt: “HIER FAND IOSEPHF BEIERLE VON SCHLIERBACH DEN TOD DURCH AUSHEBUNG EINES SPERBER DEN XIII. IUNIUS 1844 F.REIS”
Ich glaube nicht, dass es  sich  um einen Sperber gehandelt hat, denn dieser nistet ausschließlich gut versteckt im dichten Stangenholz und niemals in einer Steinbruchwand! Dies gilt auch für seinen “großen Bruder” Habicht.
Dagegen nistet der Wanderfalke in frei stehenden Steinbrüchen. Der Wanderfalke wurde als Taubenjäger schon immer gerne “ausgehoben”, geschossen, gezähmt „abgetragen“, verkauft oder für die Falknerei der Natur entnommen. Er wäre für einen armen Steinbrecher eine hohe Nebeneinnahme gewesen! Ein Sperber hätte ihm nicht viel Geld gebracht…
Bis in unsere Tage sprach man alle “Krummschnäbel” mit “Stößer, Weih, Aar, Sperber, Falk” usw. sehr ungenau an. Dem Arbeitskollegen F. Reis, der Josef Beierle am Unglücksort die Inschrift widmete, sei aus heutiger Sicht deshalb die vermutlich falsche Bezeichnung verziehen.
Vielleicht handelte es sich  aber doch ein Sperber, mit dem man kleine Vögel beizen kann, wie die Falkner sagen? Wir können heute darüber nur rätseln.  Der Aushorster ist jung gestorben und hat durch diese Tat seine Familie bestimmt in große Armut gebracht.
Im Adressbuch von Heidelberg 1844 ist Joseph Beierle, von Beruf Steinbrecher, wohnhaft in Schlierbach Haus 77 verzeichnet, ebenso sind Friedrich Reis sen. und jun., in Schlierbach. Haus 83 und 84, ebenfalls als Steinbrecher eingetragen. Unter Nr. 42 den 14. Juni 1844 ist im Standesbuch der evangelischen Gemeinde Heiliggeist (!) Heidelberg, – Schlierbach ist bis heute eine Filiale von Heiliggeist- , eingetragen: “Acht zehn hundert und vier und vierzig, den vier zehnten Juni, Morgen vier Uhr starb in Schlierbach 46 J. alt, und wurde den sechs zehnten Juni Morgens sieben Uhr begraben. Joseph Baierle B.(=Bürger ) u. Steinbrecher in Schlierbach, Ehemann der Katharine Schaaf von Mauer. Hinterläßt zwey Töchter”.
Entdeckt hat diese Felseinmeißelung in Abt. I 33 an der Gemarkungsgrenze Heidelberg/Neckargemünd der Vermessungstechniker Siegfried Weil, HD-Handschuhsheim. Vermittelt hat uns diese Information Förster i. R. Gerd Klumb über den inzwischen verstorbenen Forstdirektor i. R. Friedrich-Franz Koenemann (Wanderfalkenpate 2011)

2 Comments

  1. Eva Gundel 22. Juni 2018 at 12:22 - Reply

    Lieber Herr Gäng,
    immer wieder gerne lese ich Ihre interessanten Einträge zu den Falken und darüber hinaus. In diesem Beitrag ist nun allerdings ein kleiner Fehler, Schlierbach ist keine „Filiale von Heiliggeist“, sondern die eigenständige „Berggemeinde“; nur wenige Straßen am westlichen Rand von Schlierbach, also Hausackerweg, Rosenbusch, Schmeilweg, gehören zum Gemeindegebiet der heutigen Altstadtgemeinde Heiliggeist-Providenz. (Vor einigen Jahren wurde einmal eine mögliche Gemeindefusion mit Schlierbach diskutiert, aber nicht umgesetzt. Schlierbach soll nun mit Ziegelhausen fusionieren.)
    Viele Grüße
    Eva Gundel (unter anderem Ältestenkreis Altstadtgemeinde)

    • Hans-Martin Gäng 22. Juni 2018 at 13:33 - Reply

      Ich vermute, damals war Schlierbach noch Filiale. Danke für den Hinweis und Gruß aus Oberbayern!

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